
Montag, 15. August 2016
Tier-Psychologen, die Herzen öffnen
VON ANGELA STEIDLE
GOMARINGEN/REUTLINGEN. Wenn Barbara Zeppenfeld auf ihren Schäferstab gestützt davon erzählt, wie in der Schäferei der Jahreskreislauf zu organisieren ist, wird's »gerne mal philosophisch: Das Gesamtkunstwerk zählt. Wasser, Erde, Natur, Luft und eine gesunde Landwirtschaft. Manche kennen das gar nicht mehr. Wir gehen damit um, als hätten wir eine zweite Welt im Kofferraum.« Rund 75 Teilnehmer, darunter viele Kinder, hatten sich zur Ferien-Schafwanderung über die Kreisgrenze bei Bronnweiler hinweg Richtung Gomaringen angemeldet: eine eigene kleine Herde, knapp größer als die der Wanderschafe und teilweise kaum voneinander zu trennen.
So etwas Zierliches wie Bergschaf Friedel, von Hand mit der Flasche aufgezogen, wird landläufig als »Schlachtkörper« bezeichnet. »Wenn du die schon als Baby kennst, ist das anders als in Zellophan«, sagt Barbara Zeppenfeld, gelernte Gärtnerin aus Stuttgart: »Mir ist der direkte Kontakt zu den Tieren wichtig. Ich möchte, dass die Kinder lernen, wie alles zusammenhängt.« Stolz erzählt sie vom langen Stammbaum, den ihre Wald- und Krainer-Steinschafe nachzuweisen haben: »Etwa 6 000 Jahre. Da wurde hier noch mit Pfeil und Bogen gejagt.«
Die Geschichte der domestizierten Schafe und Ziegen gehe über 11 000 Jahre zurück, bis zur Wiege unserer Kultur in Nordafrika. »Und da lässt man die Viecher einfach aussterben, bloß weil sie nicht ins EU-System passen«, kommentiert die Schäferin.
Im Heimatland der Streuobstwiesen sind die zähen kleinen Rassen von der Roten Liste als Rasenmäher für schwierige Stückle einfach unschlagbar. Jedes ihrer Tiere hat seinen eigenen Namen, einen festen Charakter und denkt mit. Die Herde ist ein soziales Gebilde, das im elften Projekt-Jahr sehr gut an streichelnde und kuschelnde Kinder und Erwachsene gewohnt ist.
Hütehündin Ronja (elfeinhalb Jahre alt und für die Schäferin ein riesen Gewinn) hält bei der Wanderung das Feld nahezu im Alleingang beieinander: »Wenn ich mal nicht so aufpasse, sucht sie sich von selbst die strategisch richtigen Stellen«, erklärt Barbara Zeppenfeld. So kann sich die Schäferin ausgiebig mit ihrer zweiten Herde beschäftigen. Auch die Erwachsenen bedrängen Barbara Zappenfeld und ihre Praktikantin Katharina mit Fragen, während die Tiere zum Kennenlernen genüsslich an Karottenchips knabberten, sich mit der Nase durchstupsten und an Taschenriemen und Jackenbändern nuckelten.
Schulprojekte sind für die ausgebildete Lehrerin und Streuobstpädagogin etwas ganz Besonderes. Barbara Zeppenfeld brennt für ihre Arbeit an der Schlossschule in Gomaringen und mit den Grund-schulklassen in Reutlingen: »Die Jos-Weiss-Schule hat 42 Nationen, darunter auch behinderte Kinder aus anderen Ländern. Aber eine supertolle Stimmung. Wenn man sie lässt, sind Kinder Tieren gegenüber ganz offen«, weiß die Schäferin. Tierpsychologie verfängt gerne auch mal bei Menschen: »Ich frage ganz viel. Manche von den Kindern blicken's total und andere denken, die Milch fällt im Tetra Pak vom Himmel.« Für alle gilt: »Die Tiere gehen ins Herz rein. Sobald das offen ist, kann man was machen in der Umweltbildung.«
Forstwirt Dietmar Hering mit Frau Nicole und Sohn Robin (fünfeinhalb Jahre) aus der Stuttgarter Gegend waren zur Betreuung der großen Wandergruppe mit eingespannt. Die kleine Familie hatte unlängst einen Bock und »drei Weiber« Walschafe in Bronnweiler gekauft: »Wenn wir hier sind, lernen wir immer etwas dazu. Man lebt mit den Tieren. Die Schafe haben einen festen Platz im Leben eingenommen. Für uns ist es ein Hobby und Stressabbau.«
Die Unternehmungslust der Zweibeiner war kaum zu bremsen. Die Vorhut hatte ihre liebe Not, sich vor die Tiere zu stellen, sie mit ausgebreiteten Armen und später mit einem wandernden Zaun aus Waldästen hinten zu halten. Die Nachhut schloss immer wieder zu eilig auf und drängte die Vierbeiner Richtung Buch-bach-Spielplatz. Den Waldschafen zwischendrin war das alles schnuppe.
Schafe können bis zu 15 Jahre alt werden. Zum Abdecker wandert aus den Herden von Schäferin Barbara Zeppenfeld kaum eins. Rein fleischwirtschaftlich gesehen sind die kleinen Tiere unrentabel. Dafür sind die Schlappohren ganz große Psychologen: »Ich bin früher mit meinen Eltern auch nie gerne gewandert«, erinnert sich die Schäferin. »Es sei denn, es waren Tiere mit dabei: Ein Pony reicht für 20 Kinder und ein paar Schafe für eine ganze Schulklasse. Das ist regelmäßig der Superknüller.« (GEA)
So etwas Zierliches wie Bergschaf Friedel, von Hand mit der Flasche aufgezogen, wird landläufig als »Schlachtkörper« bezeichnet. »Wenn du die schon als Baby kennst, ist das anders als in Zellophan«, sagt Barbara Zeppenfeld, gelernte Gärtnerin aus Stuttgart: »Mir ist der direkte Kontakt zu den Tieren wichtig. Ich möchte, dass die Kinder lernen, wie alles zusammenhängt.« Stolz erzählt sie vom langen Stammbaum, den ihre Wald- und Krainer-Steinschafe nachzuweisen haben: »Etwa 6 000 Jahre. Da wurde hier noch mit Pfeil und Bogen gejagt.«
Die Geschichte der domestizierten Schafe und Ziegen gehe über 11 000 Jahre zurück, bis zur Wiege unserer Kultur in Nordafrika. »Und da lässt man die Viecher einfach aussterben, bloß weil sie nicht ins EU-System passen«, kommentiert die Schäferin.
Im Heimatland der Streuobstwiesen sind die zähen kleinen Rassen von der Roten Liste als Rasenmäher für schwierige Stückle einfach unschlagbar. Jedes ihrer Tiere hat seinen eigenen Namen, einen festen Charakter und denkt mit. Die Herde ist ein soziales Gebilde, das im elften Projekt-Jahr sehr gut an streichelnde und kuschelnde Kinder und Erwachsene gewohnt ist.
Hütehündin Ronja (elfeinhalb Jahre alt und für die Schäferin ein riesen Gewinn) hält bei der Wanderung das Feld nahezu im Alleingang beieinander: »Wenn ich mal nicht so aufpasse, sucht sie sich von selbst die strategisch richtigen Stellen«, erklärt Barbara Zeppenfeld. So kann sich die Schäferin ausgiebig mit ihrer zweiten Herde beschäftigen. Auch die Erwachsenen bedrängen Barbara Zappenfeld und ihre Praktikantin Katharina mit Fragen, während die Tiere zum Kennenlernen genüsslich an Karottenchips knabberten, sich mit der Nase durchstupsten und an Taschenriemen und Jackenbändern nuckelten.
»Wenn ich mal nicht aufpasse, sucht Ronja von selbst die strategisch richtigen Stellen«
Forstwirt Dietmar Hering mit Frau Nicole und Sohn Robin (fünfeinhalb Jahre) aus der Stuttgarter Gegend waren zur Betreuung der großen Wandergruppe mit eingespannt. Die kleine Familie hatte unlängst einen Bock und »drei Weiber« Walschafe in Bronnweiler gekauft: »Wenn wir hier sind, lernen wir immer etwas dazu. Man lebt mit den Tieren. Die Schafe haben einen festen Platz im Leben eingenommen. Für uns ist es ein Hobby und Stressabbau.«
Die Unternehmungslust der Zweibeiner war kaum zu bremsen. Die Vorhut hatte ihre liebe Not, sich vor die Tiere zu stellen, sie mit ausgebreiteten Armen und später mit einem wandernden Zaun aus Waldästen hinten zu halten. Die Nachhut schloss immer wieder zu eilig auf und drängte die Vierbeiner Richtung Buch-bach-Spielplatz. Den Waldschafen zwischendrin war das alles schnuppe.
Schafe können bis zu 15 Jahre alt werden. Zum Abdecker wandert aus den Herden von Schäferin Barbara Zeppenfeld kaum eins. Rein fleischwirtschaftlich gesehen sind die kleinen Tiere unrentabel. Dafür sind die Schlappohren ganz große Psychologen: »Ich bin früher mit meinen Eltern auch nie gerne gewandert«, erinnert sich die Schäferin. »Es sei denn, es waren Tiere mit dabei: Ein Pony reicht für 20 Kinder und ein paar Schafe für eine ganze Schulklasse. Das ist regelmäßig der Superknüller.« (GEA)