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Dienstag, 16. August 2016
 

Federviehkauf - Wer täglich ein Frühstücksei haben möchte, muss seinen Hennenbestand regelmäßig erneuern

Wo und wie neues Federvieh gehandelt wird

VON JULIE-SABINE GEIGER

ST. JOHANN-BLEICHSTETTEN. Verständigungsschwierigkeiten wird es sicher nicht geben in Artur Breitenfellners Hühnerhaufen in Bleichstetten, wo es noch in etlichen Gärten hinter den Häusern gackert und kräht, was ruheliebende Zugezogene auch schon bis zur Weißglut geärgert und in der Folge einen Bad Uracher Amtsrichter nach Bleichstetten befördert hat. Doch das war Federvieh eines anderes Schlages.

Hennenkauf in Bleichstetten. Aufzüchter Berthold Gieseker (links) übergibt  Arthur Breitenfellner drei schöne braune Hennen.
Hennenkauf in Bleichstetten. Aufzüchter Berthold Gieseker (links) übergibt Arthur Breitenfellner drei schöne braune Hennen. FOTO: Julie-Sabine Geiger
Der Bleichstettener Artur Breitenfellner, der mit dem nützlichen Federvieh groß und alt geworden ist, mag die braunen Hennen, »weil sie braune Eier legen«. Nie würde er sich von den freundlichen Viechern trennen. »Obwohl meine Frau will, dass ich die abschaffe.« Den Hennengarten mag er sich ohne die neugierigen Vögel lieber gar nicht vorstellen, auch wenn die Knie schmerzen. Jetzt muss Ersatz her.

Fünf braune Hennen sollen es sein. Auf deren Ankunft wartet der Bleichstettener am Geflügelverkaufs-Treffpunkt Rathaus mit seinem mobilen Hennenkorb und erzählt davon, wie er schon als siebenjähriger Bub zu einem Bauern zur Arbeit geschickt worden ist. Alle zwei Jahre kauft er fünf neue Hennen. Immer aus dem selben Stall. Vom Geflügelhof Gieseker, der Küken vom in Schleswig-Holstein ansässigen Mega-Tierzuchtunternehmen Lohmann bezieht und aufzieht. Die Geflügelbranche ist hoch spezialisiert.

Ein schnelles Geschäft

Der Chef des Geflügelhofs Gieseker, dessen Heimat Halver im Sauerland ist, wo schon Platt gesprochen wird und die Kundschaft freundschaftlich geduzt wird, und der in seinen Ställen in Brandenburg und Franken Hühner verschiedener Rassen und Perlhühner, Puten, Gänse und Enten bis hin zu den gesprenkelten Wachteln aufzieht, lenkt den Lastwagen mit der wertvollen Fracht höchstselbst. Jeweils ein paar Tage im Monat sei er zur süddeutschen Kundschaft unterwegs, erzählt er. Die hat aus den Amtsblättern erfahren, dass der Geflügelhändler aus dem Sauerland in Sicht ist. Er wird von vielen Hühnerhaltern, die für Ersatz sorgen wollen, erwartet.

Hennenkauf ist ein schnelles Geschäft. Im 15 Minuten-Takt geht es durch drei St. Johanner Ortsteile und weiter über die Alb und zurück durchs Albvorland. »Die Kunden bestellen, wir liefern«, erklärt der gut gelaunte Sauerländer und öffnet die Lastwagenwand. Prompt stecken die neugierigen Hennen, die rasseweise in Transportabteilen reisen, die Köpfe heraus, um sich in aller Ruhe die potenziell neue Heimat zu betrachten.

Mit routiniertem Griff packt Berthold Gieseker drei braune Hennen an den Ständern, die Tiere lassen es ohne Protest und Aufregung über sich ergehen, dass sie vorsichtig in Arthur Breitenfellners geöffnete fahrbare Hühnerkiste gesetzt werden. Immer mit der Ruhe folgen zwei weitere Hennen zum Stückpreis von 9,50 Euro. Zwei noch warme braune Eier gibt es gratis dazu. Die fünf neuen Schönen in der Herde, die vom Zuchtbetrieb als robust und mit ergiebiger Legeleistung beschrieben werden, werden sich auf der Schwäbischen Alb schnell einleben.

Die weißen ebenso eleganten leichtfüßigen Cousinen und die dunklen schweren Rhodeländer gackern einen kurzen Abschiedsgruß und picken dann wieder nach den Körnchen im Futtertrog und nehmen ein Tröpfchen vom mitgeführten Wasser, bevor der Verschlag wieder zu und die Reise weitergeht. (GEA)